Wir befinden uns in der Zukunft.
In einer typischen Stadt zwischen Emscher und Lippe mit viel Grün: Wir sehen Fahrräder, oft mit Elektroantrieb. Aber auch der klassische Tretroller ist zurück – wer hätte das gedacht? Einige Fußgänger tragen JumpSneaks, Turnschuhe mit Sprungfedern, um sich bequemer fortbewegen zu können. Die Menschen wechseln unkompliziert zwischen den Verkehrsmitteln, denn die meisten haben ein günstiges Multimodal-Ticket, mit dem sie den ÖPNV sowie die Fahrzeuge einer Bike- und Carsharing-Flotte nutzen können. In einer App informieren sie sich über Verbindungen in Echtzeit oder melden Bedarf für eine Fahrt an. Auf den Dächern, an den Hauswänden und auf den Bushaltestellen gedeihen Pflanzen. Der Asphalt ist an einigen Stellen geöffnet worden, um Bäume zu pflanzen. Der Starkregen, der in den vergangenen Jahren deutlich öfter gefallen ist, kann dadurch besser ablaufen und richtet weit weniger Schaden an. Zudem hat sich Luftqualität spürbar verbessert.
Die Verkehrswende ist umgesetzt worden.
Die Innenstadt ist bereits lange so gut wie autofrei. Ausnahmen gibt es nur für Anwohner*innen, die ihre Pkw in Garagen in der Nähe ihrer Wohnungen parken können. Aber ohnehin besitzen nur noch wenige Menschen ein Auto.
Wer nicht laufen oder mit dem Fahrrad fahren kann, steigt einfach in einen der vielen Busse, die leise und in schneller Taktung alle Knotenpunkte miteinander verbinden und kurze Wege garantieren – auch ohne den motorisierten Individualverkehr.
Mit Mut und Gestaltungswillen verschwindet die Angst vor Veränderung.
Was hat diesen Wandel begünstigt? Am Anfang stehen große Zweifel an diesem Konzept, obwohl in der geträumten Zukunft bereits viele europäische Metropolen bewiesen haben, dass die autofreie Innenstadt funktioniert. Auch in der typischen Kommune im Vest teilen die Geschäftstreibenden die Sorge um sinkende Umsätze und gefährdete Existenzen, haben Bewohner*innen die Befürchtung, durch die flanierenden Menschen gestört zu werden, und manche Politiker*innen sorgen sich, ihre Beliebtheit aufs Spiel zu setzen. „Das funktioniert vielleicht in einer anderen Stadt, aber nicht hier“, rufen die Zweifelnden. „Denn hier herrschen ganz andere Bedingungen als dort.“
Sie verfolgen staunend, wie sich die Stadt positiv verändert.
Es kommt anders: Denn wie in dieser Zukunft schon zuvor in Gent, Bremen, Madrid oder Paris entwickelt sich das Experiment autofreie Innenstadt auch bei uns zu einem Erfolgsmodell: Der Einzelhandel gewinnt, weil die Umsätze nach einer ersten Phase der Umgewöhnung steigen. Die typische Stadt im Vest ist ein Ausflugsziel für Menschen aus der Region geworden. Einkaufen, bummeln, Kaffee trinken – das ist nun in einer grünen und ruhigen Umgebung möglich. Neue Geschäfte und Gastronomiebetriebe siedeln sich an. Die Bewohner*innen genießen die gewonnene Lebensqualität, die Ruhe, den Platz und die Verkehrssicherheit vor der Haustür. Die Mobilität der Zukunft, sie soll nicht von Blech, Abgasen und Lärm geprägt sein. Sie soll Bewegungsfreiheit und Lebensqualität für alle ermöglichen.
Und der Wandel geht weiter.
Der lebensfeindliche Raum, in dem sich vor allem Kinder nicht allein bewegen konnten, wandelt sich nun zu einem sozialen Ort der Begegnung. Allerorten spielen Kinder, ältere Menschen treffen sich in den Parkanlagen. Wo früher Autos parkten, bieten nun breitere und barrierefreie Gehwege Komfort. Die Busse und der geringe Autoverkehr bewegen sich langsam und vorsichtig, denn die Sicherheit der Menschen hat Priorität – immer und überall. Und der Wandel setzt sich fort: Es wird über eigene Busspuren nachgedacht, das Ziel der klimaneutralen Mobilität ist greifbar nahe …
In der Reihe Visionen, Utopien und Ideen gehen wir von Möglichkeiten aus, die mit etwas politischem Mut und Entschlossenheit heute tatsächlich umsetzbar wären. Damit wir auch in Zukunft mobil bleiben, mehr Lebensqualität genießen und uns gesünder sowie klimaschonender bewegen.